Thierry Lubin: Fundstücke – 138 Photographien aus einer Landesanstalt. Hannover: Verl. Clemens Koechert 2014. – 275 Seiten. – ISBN 978-3-86421-879-9. – 68 Euro
Aus dem Vorwort von Rainer Strzolka, Galerie für Kulturkommunikation Berlin und Hannover:
In the middle of nowhere – zu den Fotografien von Thierry Lubin
Als ich zum ersten Mal auf Bilder von Thierry Lubin stieß, war ich fasziniert. Hier war jemand, der die Dinge auf eine andere Weise sah, als ich sie kannte. Sein Alltag, so wie er ihn fotografierte, hatte etwas Entrücktes. Wenig Spektakuläres, wir sahen Bilder, an denen die meisten einfach vorbei gingen, ohne sie als Bild zu sehen. Diese Bilder erzählen ganze Geschichten, die sich vor und nach dem Sekundenbruchteil, während dessen sie entstanden sind, abspielen. Ganze Zeiten, eingefangen in einer 1/125 Sekunde. Es sind stille Geschichten, die wirken, als wären sie von ihrem Fotografen erfunden worden. Eine leicht depressiv wirkende Poesie ist ihnen gemeinsam. Da siechen verlassene Fabrikhallen im Streiflicht vor sich hin, junge Mädchen in viel zu knappen Kleidern staksen wie Modepuppen steif entlang an Säulen einer längst vergangenen Zeit. Lubin sammelt Eindrücke vom Frühstückstisch auf, die den Betrachter verstören, weil es eine Weile dauert, bis er begreift, was er da sieht. Eiszapfen wirken wie gefährliche Waffen, Pflanzen entwickeln ästhetische Qualitäten, wie man sie auf anderen Planeten erwartet. Lubin ist ein stiller Städtewanderer – Dresden, Stettin, Cottbus… er findet in der Provinz dass, was die Welt weltläufig macht und in den Großstädten die Feinziselierungen des Lebens. Schloß Glienicke hat man noch nie so erstarrt gesehen wie in Lubins Bildern. Ab und zu zeichnet sich der Mann mit dem Hut – Thierry Lubin ist selten ohne ihn zu sehen – ein Selbstportrait in einer Fensterscheibe. Er ist auf diesen Bildern nicht zu erkennen; eine rätselhafte, verschlossene Persönlichkeit, der sein Gesprächspartner anmerkt, dass Lubin weiß, was das Leben ist und dass er nicht darüber sprechen muß. Seine Bilder sprechen für seine Weltsicht. Immer wieder tauchen in seinen Serien Lost Places auf, fotografiert in einer Weise, die nichts zu tun hat mit der Mode von Lost Places Fotografie, die seit einigen Jahren die Foren überschwemmt. Betrachtet man seine Bilder aus einer psychiatrischen Klinik, die seit vielen Jahren vor sich hin verfällt, so ist es schwer, klaustrophobischen Empfindungen zu entgehen. Die Menschen, die Lubin fotografiert, wirken seltsam unverbunden mit ihrer Umwelt, versunken in ihre eigenen Gedanken oder manchmal auch einfach leer. Lubin fotografiert eine Welt in einem Endzeitstadium, nicht nur, wenn diese Endzeit so offensichtlich ist, wie in seinen wundervollen Fotos aus den letzten Tagen des Hotels Bogota in Berlin. Eine Brücke, von ihm fotografiert, wirkt so, als führe sie in das Nirgendwo. Städte wirken leer. Orte, die ich oft gesehen habe, wirken auf seinen Fotografien so, als hätte ich sie nie zuvor gesehen.
Als ich die ersten Bilder von Thierry Lubin in meiner Galerie zeigte, dauerte es keine zehn Minuten und der erste Kommentar traf ein: man fand die Bilder depressiv Solche Bemerkungen greifen zu kurz. Lassen wir uns auf die Kunst von Thierry Lubin ein.
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Die Idee, eine Galerie für Kulturkommunikation zu gründen, beruht auf einer Idee, die im Dezember 2002 in einer Wohnung im Münchner Westend, wo Rüdiger Belter zu einem Gesprächsabend über Dingkultur“ einlud.
Belter, im Privatleben Geschäftsmann, stellte seine Privatwohnung als Salon für Künstler zur Verfügung, die dort, im privaten Ambiente, ihre Kunst ausstellten zwischen Bücherregalen und Aktenordnern. In seiner Küche und im Schlafzimmer waren Lithographien und Skulpturen zu sehen, Gemälde und Zeichnungen, digitale Installationen und Videofilme.
Wir nahmen diese Idee auf und verpflanzten sie in die deutsche Provinz. In den wechselnden Privatwohnungen im Umfeld der Universität Hannovers, die nicht gerade als eine der Geistesgrössen der Welt bekannt ist, bei einem schlichten Literaturwissenschaftler, fanden sich Bilder von Julia Ostertag neben Eberhard Schlotter, Lebadanc, Grenz- und Fussmann, Paul Wunderlich, GB Fuchs, Sarah Schumann und dem mittlerweile zu Baumarktkunst herabgesunkenen Bruno Bruni.
All dies in Zusammenklang mit dem Besuch von Spitzenköchen und Musikern, die beitrugen zu aufregenden Begegnungen zwischen Mensch und Kunst. Gemeinsam entwickelten wir die Idee, daß die Kunst wichtiger sei als der Mensch, weil der Mensch sowieso sterben müsse. Einige Kühne wagten sich an die These, daß es sinnvoller sei, Geld für Kunst auszugeben als für Sozialhilfe.
Bei vielen dieser Begegnungen war Photographie ein wesentliches Element. Man photographierte sich gegenseitig, um dem Anlaß ein wenig dauerhafte Bedeutung zu verleihen.
Viele der photographischen Zeugen dieser Zeit sind Vergangenheit. Speichermedien versagten ihren Dienst gerne dann, wenn sie dazu dienen sollten, dem nachlassenden Gedächtnis auf die Sprünge zu verhelfen.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich ein Schwerpunkt auf analoger Photographie. Viele der Besucher unserer Galerie sind der Ansicht, daß die Digitalisierung der Welt ein Fehler ist. Photographie wird zu einem reinen Anhängsel des Computers, es gebricht ihr an einem definierten Original. Analoge Photographie hat nicht nur einen eigentümlichen Charme. Sie ist auch in ihrer Schlichtheit bestechend in einer Zeit, die das Maßlose liebt.
Man kann selbstverständlich 2700 digitale Fotos vom 12. Geburtstag seines Neffen anfertigen. Man sollte es aber besser sein lassen. Ohne jede Technik kann ich heute in ein Dia-Magazin schauen und mir dort Bilder meiner kuchenverschlingenden Tante Grete Krönert anschauen. Es ist sehr fraglich, ob eine digitale Datei so lange gehalten hätte. Tante Grete schaut seit 1986 die Herrlichkeit Gottes.
Ein ganzer Kosmos von Empfindungen kann so evoziert werden durch die techniklose Betrachtung eines kleinen Stückchens Celluloid.
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