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ÖGB zu TTIP: EU-Kommission muss Stärke zeigen
Utl.: Foglar: “Freihandel bedeutet keinesfalls automatisch
Wohlstand, soziale Sicherheit und Beschäftigung für alle.” =
Wien (OTS/ÖGB) – Diese Woche gehen die Verhandlungen zum geplanten Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU in die nächste Runde. Der ÖGB und die Gewerkschaften sehen die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen EU-USA weiterhin skeptisch. Denn trotz der von der Wirtschaft erhofften Vorteile ist größte Vorsicht geboten. Der Plan zum weltweit größten Freihandelsraum beinhaltet weitgehende Deregulierungen und neue Liberalisierungsstandards, die ArbeitnehmerInnen zunehmend in Bedrängnis bringen würden. “Wir befürchten massive Verschlechterungen der Schutzbestimmungen in der Arbeitswelt, während die Profite der Konzerne steigen. Freihandel bedeutet keinesfalls automatisch Wohlstand, soziale Sicherheit und Beschäftigung für alle. Das muss man ausverhandeln, da muss man sich dafür einsetzen und da muss man Stärke zeigen”, appelliert ÖGB-Präsident Erich Foglar an das Verhandlungsteam der EU-Kommission.
Einer der umstrittensten Bestandteile des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA sind nach wie vor die Sonderklagerechte für Großkonzerne. Der sogenannte Investor-Staat- Streitbeilegungsmechanismus (ISDS) sieht vor, dass Konzerne Staaten wegen bestimmter Gesetze vor private Schiedsgerichte zerren können, wenn politische Entscheidungen ihre Pläne durchkreuzen. ÖGB, Gewerkschaften und der Europäische Gewerkschaftsbund lehnen daher ISDS entschieden ab.
Verhandlungsdokumente endlich offenlegen
Zudem drohen noch Verschlechterungen im öffentlichen und sozialen Dienstleistungsbereich. “Ein Deregulierungsabkommen, welches nur Profite der transnationalen Unternehmen auf Kosten unserer Sozialstandards und Umweltvorschriften fördert, wird von ÖGB und Gewerkschaften klar abgelehnt”, sagt Foglar und kritisiert einmal mehr die mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen: “Die Geheimhaltung der Verhandlungen lässt befürchten, dass der derzeitige Verhandlungsstand massive Verschlechterungen in sich birgt. Wir verlangen eine Offenlegung der Verhandlungsdokumente von beiden Seiten.” Denn eine ungezügelte freie Marktideologie müsse verhindert werden. Und nicht zuletzt sei auch die Frage des Datenschutzes zu klären, vor allem im Lichte aktueller Vorkommnisse. Bedingungen für Freihandelsabkommen
Die USA haben im Gegensatz zu Europa nur zwei der acht Kernarbeitsnormen der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) ratifiziert. Das bedeutet, dass die Gewerkschaftsrechte in den USA nicht abgesichert sind. Foglar: “Die Anerkennung der ILO-Kernarbeitsnormen muss vonseiten der EU zur Bedingung für einen positiven Abschluss gemacht werden.”
Der ÖGB sei nicht generell gegen ein Handelsabkommen mit den USA: “Die Verhandlungen müssen aber endlich transparent werden, und alles, was uns wichtig ist, was wir für die ArbeitnehmerInnen und die Menschen in unserem Land hart erkämpft haben, wie zum Beispiel Löhne, Gehälter, Sozialsysteme, öffentliche Dienstleistungen und vieles mehr, muss entsprechend abgesichert werden”, fordert ÖGB-Präsident Foglar.
Die Kernforderungen des ÖGB
– Nein zu Investitionsschutzbestimmungen in Handelsabkommen der EU – Eindeutige Ausnahmen von öffentlichen und sozialen Dienstleistungen aus den Verhandlungen (zum Beispiel Gesundheit, Bildung, Wasser etc.).
– Keine weitere Liberalisierung der Arbeitnehmerentsendung, solange keine grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Verwaltung und Justiz als Voraussetzung für die Gewährleistung der Kollektivvertragslöhne und der Arbeitsbedingungen besteht. Eine fehlende Vollstreckung durch die Vertragsparteien muss zum Gegenstand der Streitschlichtung inklusive Sanktionen gemacht werden können.
– Alle acht ILO-Kernarbeitsstandards sind zu ratifizieren, in nationales Recht umzusetzen und einzuhalten.
– Verstöße gegen die ILO-Kernarbeitsnormen müssen sanktioniert werden.
– Die Einsetzung eines “Regulatorischen Kooperationsrates” über die Harmonisierung von Standards (Chemiebereich, Pharmazeutika, Automobilindustrie, Lebensmittel) ist abzulehnen.
– Normen zum Schutz der Arbeitnehmer und der Gesundheit müssen auf das höchste Niveau gebracht werden.
– Transparenz: Veröffentlichung von Verhandlungsdokumenten, insbesondere geplante Liberalisierungsangebote.
– Das Europäische Parlament sollte nicht erst nach Unterzeichnung befragt werden, sondern über etwaige Liberalisierungen entscheiden.
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Rückfragehinweis:
ÖGB Kommunikation
Tel. 01/534 44-39263
Johann-Böhm-Platz 1
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